Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin, Reisemedizin und Globale Gesundheit e.V.
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Tropenmedizin, Reisemedizin
und Globale Gesundheit e.V.
 
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Cholera ist eine bakterielle Erkrankung, die durch Vibrio (V.) cholerae verursacht wird. Die Übertragung auf den Menschen erfolgt fäkal-oral, primär durch verunreinigtes Trinkwasser, schlechte hygienische Verhältnisse und engen Kontakt zu Erkrankten. Choleraausbrüche treten heute vorwiegend im Kontext von Naturkatastrophen (z. B. Erdbeben, Überschwemmungen, Tsunamis) oder andauernden kriegerischen Konflikten auf, die zu einer Beeinträchtigung oder Zerstörung der Infrastruktur führen.

Cholera ist keine übliche Reiseerkrankung, auch nicht bei Reisen in Länder, in denen Choleraausbrüche bei der Bevölkerung vorkommen. Das Risiko, an einer Cholera zu erkranken, wird für Touristen aus Europa und Nordamerika auf 2–3 Fälle pro 1 000 000 Reisende geschätzt [3, 41]. In einer Übersichtsarbeit wurden in knapp 30 Jahren (1990–2018) weltweit nur 156 reiseassoziierte Fälle in nichtendemischen Ländern gezählt [3]. In Deutschland wurden von 2001–2020 insgesamt 27 Fälle angezeigt. Zu einer Übertragung innerhalb Deutschlands ausgehend von einem importierten Fall kam es dabei nicht [42].

Warum die Cholera keine klassische Reiseerkrankung ist, liegt u. a. daran, dass selbst Reisende, die unter „einfachen Bedingungen“ reisen, in aller Regel Zugang zu sauberem Trinkwasser finden. Zudem verlaufen ca. 95 % der Cholerainfektionen asymptomatisch oder als leichte Durchfallerkrankungen. Für die meisten Reisenden ist daher keine Choleraimpfung indiziert.

Indikationen

Die Impfung wird Reisenden im Allgemeinen nicht empfohlen. Sie kann, ergänzend zu den allgemeinen Körper-, Trinkwasser- und Nahrungsmittelhygieneregeln, erwogen werden bei:

  • Längerfristiger Tätigkeit in Choleraepidemiegebieten (z. B. medizinisches Personal)
  • Einsatz als Katastrophenhelfer

Impfstoffe

Totimpfstoff (Dukoral): Dukoral enthält inaktivierte Cholerabakterien (whole cell, WC) der Serogruppe O1 und die rekombinant hergestellte, immunogene, nichttoxische Cholera-Toxin-B-Untereinheit (rCTB) [43].

Lebendimpfstoff (Vaxchora): Vaxchora enthält attenuierte Vibrionen des V. cholerae-Stamms CVD 103-HgR, die mittels rekombinanter DNA-Technologie hergestellt werden.

Applikation

Dukoral ist ab 2 Jahren zugelassen. Eine Stunde vor und nach der Einnahme nicht essen und trinken. Erwachsene und Kinder ab 6 Jahren: 2 Dosen oral im Abstand von 1–6 Wochen. Kinder von 2–6 Jahren: 3 Dosen oral mit einem Mindestabstand von jeweils einer Woche. Wiederimpfung mit einer einzelnen Dosis innerhalb von 2 Jahren (für Erwachsene und Kinder ab 6 Jahren). Für Kinder von 2 bis unter 6 Jahren wird eine Auffrischung innerhalb von 6 Monaten empfohlen.

Auch Vaxchora ist ab 2 Jahren zugelassen. Anders als bei Dukoral ist nur eine einmalige Impfstoffeinnahme zur Grundimmunisierung erforderlich, die spätestens 10 Tage vor möglicher Exposition erfolgen soll [44].

Wirksamkeit

Dukoral: Experimentelle Daten aus Endemiegebieten zeigen eine Protektion von 78–86 % innerhalb von 6 Monaten nach Impfung. Daten an Reisenden existieren nicht, auch keine Langzeitdaten aus kontrollierten Feldstudien.

Vaxchora: Klinische Studien mit Exposition zeigen Schutzraten von ca. 80–90 % 3 Monate nach der Impfung. Für Jugendliche (12–17 Jahre) wurde 2 Jahre nach der Impfung eine Seroprotektion von 65 % nachgewiesen [45]. Es gibt weder Studiendaten an Reisenden noch aus Feldstudien in Endemiegebieten.

Einschränkungen und Kontraindikationen

Vaxchora ist bei Menschen mit angeborener oder medikamentöser Immundefizienz kontraindiziert. Bei Menschen mit HIV kann Vaxchora verabreicht werden; es wird auf einen möglicherweise eingeschränkten Impfschutz verwiesen. Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen unter Vedolizumab-Therapie sollten generell keine oral zu verabreichenden Impfstoffe erhalten.

Zusätzliche Hinweise und Empfehlungen

  • Zur Wirksamkeit bei Personen > 65 Jahren gibt es für beide Impfstoffe keine Daten.
  • Nach Gabe von Vaxchora waren in einer Studie bei 11,3 % der geimpften Personen Cholerabakterien im Stuhl nachweisbar (Herstellerangaben). Wie lange der Impfstamm ausgeschieden wird, ist nicht bekannt. Dies muss bei anstehenden bakteriologischen Stuhluntersuchungen berücksichtigt werden.